Fuckparade – 25 Jahre Stadt von unten
Gegen Verdrängung, Kommerzialisierung und sinnlosen Autobahnbau!
Gegen die Kommerzialisierung des Techno
Gegen die Schließung von Clubs, Bars und Kiezläden
Gegen den Ausverkauf der Stadt
Gegen Nazis
Am 3.9. 2022 fand in Berlin die 25. Fuckparade statt. Treffpunkt war um 14Uhr nahe U-Bahn Alt-Tempelhof.
„Wir sind zurück. Fuckparade. Plattform für die Subkulturen der Stadt“ ist auf der Flyerrückseite zu lesen. „Weil was schief läuft in Berlin“, heisst es weiter. Dieses Jahr lag der Fokus auf folgenden Berliner Geografien:
A100:
Eine anachronistische Asphalt- und Betonschneise, die trotz Protest und erwiesener Klimaschädlichkeit doch auf Biegen und Brechen weitergebaut werden soll. Absolut inakzeptabel. Lasst uns die Blechlawine mit unserem Protest stilllegen und den Asphalt in einen Dancefloor verwandeln!
Hermannstraße:
Ein Klassiker der Berliner Stadtentwicklung. Ungezügelter Autoverkehr, obwohl eine Etage tiefer eine bestens ausgebaute U-Bahn Menschen umweltfreundlich transportieren kann. Überflüssig zu erwähnen, dass Fahrradwege nicht wirklich vorhanden sind.
Reuterkiez:
Hier werden gern mal 25 €/m² als Monatsmiete fällig. Keinerlei Grenzen für Immobilienspekulation. Die Lobby hat mit Klagen den Mietendeckel und das Vorkaufsrecht gekippt. Immer weiter steigende Mieten verdrängen selbst langjährige Kiezbewohner*innen. Gleichzeitig meldet Vonovia den höchsten Gewinn seiner Firmengeschichte und kündigt weitere Mieterhöhungen an.
Treptower Park:
Der aktuelle A100 Bauabschnitt führt bis an den Treptower Park, Endpunkt der Fuckparade. Jeder Meter dieser Autobahn kostet aktuell 203.125 Euro. Sollte der Bauabschnitt Richtung Osten fortgeführt werden, werden Clubs wie ://about blank, ELSE, Renate, Club OST und viele mehr unwiederbringlich zerstört.
Ein Rückblick auf die Parade:
Der Startpunkt war ungewöhnlich, denn es ging nicht – wie fast immer – an der Friedrichstrasse/ Reinhardtstr. in Mitte, beim ehemaligen BUNKER los, sondern in Alt-Tempelhof, warum weiß ich nicht. Ein Grund war wohl die nahegelegene A-100 (siehe Flyertext oben), wo die Route startete und die wir kreuzten (siehe Flyer Route unten) und der Endpunkt ist in der Nähe des kommenden Ausbaus der A-100. Der Startpunkt war angenehm, weil neben der Straße ein kleiner und schöner Park war, wo man entspannt warten konnte, bis es – wie immer etwas später – losging.
Die Ansprachen habe ich größtenteils nicht gehört. Sie waren nur nahe des ersten Wagens zu hören und weiter hinten kam nichts an. Moog-T, der gerade frisch Papa geworden ist und mit Baby gekommen war, hat die Auflagen vorgelesen zu denen gehörte, dass auf den Wagen nicht getanzt werden darf und die Musik nicht lauter als 90db sein darf.
Vor allem letzteres war komplett absurd und super nervig, konstant gab es Messpunkte und Polizisten liefen mit Lautstärkemessgeräten herum. Bei Messungen wurde die Musik taktisch drastisch leiser oder ganz ausgemacht, was den Flow extrem störte, aber dafür sorgte, dass wir weiterfahren durften. Selbst wenn es manchmal kurzzeitig über 90db war, war das Musikerleben enttäuschend bis traurig…90db ist kaum lauter als ein Lastwagen. Aber die Stimmung vor Ort, war trotzdem super.
Für 25 Jahre Fupa ist auch Martin Kliehm/ Traum XP, einer der Gründer, aus Frankfurt angereist und machte den ersten Redebeitrag, den letzten machte eine Frau im Rollstuhl, die sich darüber beklagte, dass es für Menschen wie sie keine bezahlbaren barrierefreien Wohnungen gäbe, dass es überhaupt kaum bezahlbare Wohnungen mehr in Berlin gäbe, und dass sie das wütend macht und wir deshalb heute laut sein wollen. Das letzte hat sie geschrien, was Applaus und bejahende Gegenrufe verursachte. Dann dauerte es noch eine Weile bis wir uns in Bewegung setzten.
Die Polizei und die 90db Regel haben gewaltig genervt, zwischendurch gab es immer wieder „lauter“ Sprechchöre. Als die Musik wieder mal lange aus sein musste, habe einmal die Beherrschung verloren und ein Sixpack Politzisten angeschrien was das soll, dass ich demonstriere um gehört zu werden und nicht, um unbemerkt durch die Stadt schleichen. Die Polizei gab auch die Geschwindigkeit vor und hat uns unvermutet schnell vorangetrieben. Die meisten Straßen entlang der Route kannte ich nach 10 Jahren Berlin nicht, geschweige denn, dass ich je auf ihnen je getanzt hätte. Das gefällt mir sehr gut, ähnlich wie bei der critical mass, gemeinsam die Stadt zu erkunden.
Das macht gute Laune zum traurigen Gentrification Game. Sonst ging es immer noch direkter entlang der Orte die grade geschlossen wurden oder bald geräumt werden. Durch das Polizeitempo waren wir 1,5 Stunden vorher am Endpunkt, dem Treptower Park, angekommen. Nach 20min fielen dann auch die Hemmungen und 90db waren Vergangenheit. Die FuPa Crowd flutete die Autostraße, die durch den Park führt und verwandeltete sie in einen Dancefloor, verteilte sich auf allen umliegenden Wiesen und den Spätis am S-Bahnhof.
Lineup Subland Truck:
Gretchen Bazooka (16:00)
Acriter (16:45)
Neurocortex (17:30)
Joe ET (18:15)
Waynette (19:00)
Dolphin (19:45)
Li-Z (20:30)
Kat (21:15)
Am Subland/ A-Sound Truck spielte Dolphin dann plötzlich früher, vor Waynette, und für eine Stunde konnte man es in der Luft knistern hören, so aufgeladen war alles von der Euphorie der tanzenden Menschen, alle waren am grinsen und haben sich gefreut, dass die Musik endlich so laut sein darf, dass sie ihre sonische Kraft entfalten kann und endlich getanzt werden kann. Leider verweilte der wunderbare Moment nur kurz.
Die beiden DJs Waynette und Kat, die zu den wenigen Frauen gehörten, die aufgelegt haben, kamen dann gar nicht mehr zum Zug. Geplant war bis 22uhr, aber um 20.30 war es dann vorbei. Das war schmerzhaft, und sogar Entscheidung der Fuckparadeleitung, die fanden es seien jetzt alle schon recht betrunken und man wäre ja auch schon früher dort gewesen. Das fand ich keine gute Entscheidung, aber für diejenigen, die bei der FuPa viel organisieren ist es immer auch ein Kraftakt und die waren wohl froh, dass es eine Stunde früher endete.
Denn es gab auch noch zwei Afterparties, einige Jahre gab es gar keine, und wo viele aus der Orga entweder spielten oder mithalfen. Die Subland Afterparty war im Kili Club beim Ostkreuz und eine andere Open Air beim H13, Juliusturm nahe Spandau… Ach, schön wars! Hoffentlich nächstes Jahr wieder :)
Hier ein 39min Video von KIEKE MA – jannz Berlin is eene Performance. Leider nur von der ersten Hälfte…