„Es ist ein geheimes System. Wir selbst sind das System“. So ein Satz aus der zweitausendjährigen Oper Akhtamar II, die sich mit dem postdramatischen Staat beschäftigt und beim Heart of Noise als Eröffnung zum besten gegeben wird. Dabei erfahren wir nicht nur Neuigkeiten aus der Schlingensief-Forschung, zuvor gibt es bereits eine vorbereitende „Entschuldigung“-Performance mit 3 Kutschen und 24 Darsteller*innen und man wird aufgeklärt über die Lage der Nation. Dazu muss gesagt werden, dass das Heart of Noise Opening endlich wieder im Para Noise Garden stattfindet. Wie gehabt mit selbstgebauter Bühne, des Innsbrucker Archtekt*innen Nachwuchs. Dieser befindet sich gegenüber der Hofburg (das heisst: Touristen, Burschis, Kutschen usw.) und vor dem neu erbauten Haus der Musik, in dem das Festival nun endlich wieder Platz bezieht. Die ersten Jahre des Heart of Noise (die Autorin berichtete hier und hier über vergangene Editionen) waren in den Stadtsäälen lokalisiert, welche dem neuen Innsbrucker Statussymbol Haus der Musik weichen mussten. Baugrund ist sehr knapp in Innsbruck daher konnte auch eine tadellose Innen-Einrichtung – mit wunderbaren Holzfußböden und feinsten Tischlerarbeiten – die Stadtsääle nicht vor seinem Schicksal bewahren.
Aber blicken wir nicht zurück, sondern voraus: Don’t do Unterbrechen den Forward-Dance!, wie das Festivalmotto nahelegt. Zwischen all der Performance und Oper im öffentlichen Raum, teilt Andrea Belfi seinen Soundkosmos aus Schlagwerk zwischen Elektronik und Akustik mit den Besucher*innen und allen, die diesen populär-prestige-trächtigen Platz gerade bevölkern. Im Inneren des Musik-Hauses findet die Oper seinen Fortgang mit Architekturstudent*innen aus Innsbruck und unseren liebsten Tirol-Wiener*innen. Und der Abend mit Maria W. Horn und Aja Ireland. Dazwischen die Augen und Ohren fordernde A/V Performance von Jeck/Grill/Lemieux. Und nicht nur das Haus ist neu, auch das Layout des Programmhefts ist fresh, nun weniger an dunkle Drones und Klangatmosphären angelehnt, sondern im hellen, urbanen Creative-Class-Fond-Style.
Der Samstag beginnt mit dem „Experimental Setup“, einer performativen und mythologischen Versuchsanordnung im Kunstraum Innsbruck. Auch das Adlerrooftop-Nachmittagskonzert ist wieder dabei, was die Autorin nach all den Jahren nun auch nicht mehr so spannend findet, zumal die subkulturelle Identifikation mit dem Pema Tower und den Mächten, die ihn betreiben nicht klappt und die Stadt hat sehr gute spezielle Spots zu bieten die noch nicht ver-investorisiert sind. Aber den Ausblick zur Crate-Digging-Selection von Kornelia Binicewicz und ihrem Label Ladies on Records lässt sich dann schon wieder leichter genießen. Aber immerhin gehts danach wieder in die Öffentlichkeit des Para Noise Gardens mit Klara-Lis Coverdale und der in Wien lebenden Natur- und Klanggewalt Maja Osojnik. Es macht wahnsinnig viel Spaß der lo-fi Tüftlerin aus dem Hause klingt.org bei der Arbeit zuzusehen. Das ist sicher mit ein Grund warum sie trotz sperrigster Klangcollagen und -Kompositionen schon vielfache Preise gewonnen hat und im Club wie auch im Konzerthaus funktioniert. Thomas Ankersmith oder Gazelle Twin (hier Interview mit der Autorin hören), die bereits alle Festivals dieser Art bespielt haben, wie auch Phill Niblock beschließen den Abend. Halt nicht ganz: Eine weitere A/V Performance kommt vom Glasgower Drew McDowall, der erst vor einigen Tagen bei den Wiener Festwochen zu Gast war, mit Florance To an den Bildern. In freudiger Erwartung antizipiert die Autorin das Set des Berliners Christoph de Babalon; in welche Richtung es geht, ob man Tanzen kann oder nicht weiß man vorher nie so genau. Aber Core-Musik kriecht hier und dort aus den Breaks.
Am nächsten Abend um die selbe Zeit bietet der in Berlin lebende Italien-Boy Gabber Eleganza mit der Hakke Show definitiv eine Gelegenheit zum Tanzen. Dann wird sich zeigen wie gut der Fußboden des neuen Hauses sich tanzen, respektive hakken lässt. Hiermit kann schonmal geübt werden.
Nachbericht in Wort und Bild folgt.
Das ganze Programm und mehr Infos auf: heartofnoise.at