Publikation: Darüber Hinaus… Populäre Musik und Überschreitungen

Im November 2018 erschienen im BIS Verlag die Proceedings der IASPM-D-A-CH-Konferenz “Darüber hinaus… Populäre Musik und Überschreitung(en)”, die im Oktober 2016 in Graz stattfand. Der Band wurde von Stefanie Alisch, Susanne Binas-Preisendörfer und Werner Jauk herausgegeben.

Mein Beitrag „Kulturelle Praktiken transmedialer Festivals als Überschreitung“ ist auf S.115-134 zu finden. Weiter unten gibts eine kurzes Exzerpt.

Hier zunächst der Verlagstext:

Im Herbst 2016 trafen sich etwa 70 Popmusikforscher*innen an der Karl-Franzens Universität im österreichischen Graz. Das Thema der zweiten Konferenz des deutschsprachigen Zweiges der International Association for the Study of Popular Music (IASPM – D-A-CH), das in Kooperation mit Elevate Festival stattfand, lautete „Darüber hinaus … Populäre Musik und Überschreitung(en)“. Mit diesem Band legt der Oldenburger BIS Verlag nahezu alle auf der Konferenz gehaltenen und diskutierten Vorträge in schriftlicher und somit überarbeiteter Form vor und möchte damit nicht nur eine angemessene Dokumentation derselben vorlegen, sondern v.a. wichtige Denkanstöße zur weiteren Vertiefung dieses vielschichtigen Themas zwischen „interner“ Zuschreibung und „externem“ Herauslesen geben.

Aspekte der Überschreitung scheinen offensichtlich unabhängig von spezifischen kulturellen und historischen Kontexten als ein charakteristisches Merkmal populärer Musik gewertet zu werden, ihrer Praktiken, Medien und Theorien sowie Methoden ihrer Forschung.

Der Band folgt der Systematik der Konferenz entlang der Themenschwerpunkte: gesellschaftiche / politische Überschreitungen & Populäre Musik (1), Überschreitungen in und zwischen den (künstlerischen) Medien und Populärer Musik (2) und Überschreitungen bei der Erforschung populärer Musik (3).

Hier ein Exzerpt als Teaser:

>>Im Rahmen der IASPM D-A-CH Tagung war es mein Anliegen, die transmedialen Avantgarde Festivals sowohl inhaltlich als auch organisatorisch mit dem Fokus der Überschreitung auszuleuchten, da das Wort in den Selbstbeschreibungen der Festivals, als auch in Musikbeschreibungen der teilnehmenden Künstler*innen äußerst häufig verwendet wird.

Transmedialität als Überschreitung
Heute verschiebt sich die Bedeutung und Funktion technischer Medien an jene
Stelle, die in der Nachkriegszeit bis Ende der 1980er Jahre künstlerischen und
musikalischen Inhalten zukam. Die Entstehung aktueller Medienformen ging
historisch zumeist von künstlerischen Praxen und den damit einhergehenden
ästhetischen und kulturellen Utopien aus. Laut Medienwissenschaftler Michael
Harenberg ist dies heute aber zumeist nicht mehr gegeben, Musik ist heute nach
Harenberg, „[…] das Resultat komplexer, technischer, medialer und symbolischer
Interaktionen, was erhebliche ästhetische Konsequenzen nach sich zieht,
die aber nur noch zu einem gewissen Teil musikimmanent erzählt werden können“
(Harenberg 2012, 10). So spielen der Computer, das Digitale und das
Mediale insbesondere aber nicht nur für die sogenannte elektronische Musik
eine entscheidende Rolle. Diese Entwicklung haben die transmedialen Festivals
aufgegriffen und zugleich begleitet. Sie verstehen sich selbst als Avantgarde
dieses Prozesses. Medientheorie und experimentelle Musik sieht Harenberg als
Wegbereiter für dieses Verständnis: „Gleichzeitig haben sich in der aktuellen
elektronischen Musik Stile und Genres etabliert, die wieder mehr das echte,
ergebnisoffene Experiment in den Mittelpunkt stellen und bereits virtuos mit
den neuen Qualitäten dieser technischen Mittel zu spielen in der Lage sind. Sie
lassen langsam erahnen, mit welch gewaltigem neuen Potenzial wir es zu tun
haben“ (Harenberg 2012, 15).

[…]

Erkundungen ins Transmedium finden in verschiedenen Formaten statt. Bei
Konzerten haben die A/V Performances in den letzten Jahren, nach einem ersten
Hype in den 1990er Jahren, wieder eine verstärkte Popularität erlangt.
Besonders das Atonal Festival hat sich diesem Format verschrieben. Das Atonal
Festival beschreibt sich selbst als Festival für sonische und visuelle Kunst und
hat für die begleitenden Visuals eigens eine Projektionswand hergestellt, die auf
die Dimensionen des Ortes (Kraftwerk Berlin) abgestimmt ist. Paulo Reachi,
einer der drei Kuratoren beschreibt den Unterschied der konzeptionellen Ausrichtung im Vergleich zum Vorgängerfestival der 1980er Jahre: „It’s not so much about confrontation, but rather about exploration. […] This, combined with the new technical possibilities that changed our world completely in the last ten years, are the parameters of Berlin Atonal“. Dimitri Hegemann, der Gründer des Festivals in den 1980er Jahren und Mentor der Kuratoren des Relaunches, äußert sich wie folgt dazu: „I personally want Berlin Atonal to be an event where music, art, film, architecture and science merge. I understand the world as a space that consists of a thousand plateaus, and one of our primary goals is to offer a way for the people from the various disciplines to exchange with each other. That’s how new ideas and new sounds take shape“ (ebd.).

Ein Journalist, der regelmäßig über verschiedene transmediale Festivals berichtet, sagt: „Während die Ästhetik früher von Labels kam, kommen ästhetische Einflüsse jetzt von den Festivals selbst. Dadurch, dass man in diesem Festivalmodus und weg aus dem Alltag ist, funktionieren sie wie ein Inkubationszentrum,
wie eine Petri-Schale für Praxen, Diskurse und Ästhetiken.“ (Interview P.R. 2015) >>

….

 

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